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Todtnau - Bergbau im 20. Jhdt.

Blick vom Gisiboden auf Todtnau
Blick vom Gisiboden auf Todtnau Im Vordergrund Todtnau, rechts oberhalb des Gaisköpfles der Todtnauberg (am äußersten rechten Rand die Gebäude um die Jugendherberge am Radschert), auf etwa selber Höhe links von der Mitte Muggenbrunn, zwischen Muggenbrunn und Todtnau der Ortsteil Aftersteg (rechts oberhalb des Orts über dem sichtbaren Einschnitt der B 317 im Wald die Schindelhalde)

Der ältere Bergbau hatte nur die Silber- und Bleierze im Blick, inzwischen war auch Zink in den Fokus geraten. Doch erst nachdem die Bedeutung von Fluorit und Baryt für die Glas-, Keramik- und du die chemische Industrie erkannt und nutzbar gemacht worden waren, wurden diese nun für den Bergbau interessant.
Flussspat (daher der Name) fand auch in der Eisenverhüttung Anwendung, da er beim Schmelzvorgang den Schmelzpunkt der Erze herabsetzte (wie der Siedepunkt durch Salz im Wasser herabgesetzt wird). Aufgrund der wachsenden Nachfrage auch in der Chemieindustrie versuchten verschiedene Firmen in den Revieren Todtnau /Fahl und Utzenfeld/Wieden Schürf- und Abbaurechte zu erhalten.

Erste Untersuchungen im Todtnauer Revier fanden 1905 statt, aber es dauerte bis 1914, bis ein Vertrag über den Abbau von „Spat“ zum Abschmuss kam. Aufgrund der hohen Kosten zur Inbetriebnahme einer Grube scheiterten einige Gewerkschaften.

Den ersten Vertrag schloss die Fa Goldbach aus Zell am Harmersbach mit der Gemeinde Brandenberg zur Flussspatgewinnung am Tiefkännelbach und an der Rotwiese. 1916 wurden Untersuchungsarbeiten am Tiefkännelbach durchgeführt, bald darauf die Grube an die in Berlin gegründete „Schwarzwälder Flussspatbetriebe zu Fahl bei Brandenberg am Feldberg“ verpachtet. Doch nach einiger Zeit entstand ein Rechtsstreit zwischen beiden Parteien, in deren Folge Goldbach die Grube und die Schwarzwälder Flussspatbetriebe die auf dem Platz vor der Grube erstellte Spätwäsche zugesprochen bekam. Damit war keinem der beiden gedient und der Betrieb kam zum Erliegen. Nun versuchte Goldbach, die Gruben in Brandenberg und Fahl zu verkaufen. Im Herbst 1922 erwarb eine Fa aus Thüringen das Grubeneigentum, nahm aber keine Arbeiten auf.

Im Auftrag einer Mannheimer Handelsgesellschaft wurden nun mehrere alte Gruben im oberen Wiesental auf ihren Flussspatgehalt untersucht. Mit dieser Untersuchung war der auf dem Schönenberg wohnende Ingenieur Friedrich Oehler betraut, der im Herbst 1922 das Bergwerk in Fahl übernehmen wollte. Da er die erforderlichen Kosten aber nicht übernehmen konnte, schloss er sich der 1923 in Mannheim gegründeten Badischen Flusspatgesellschaft mbH an.
Gleich nach der Aufnahme der Arbeiten machte man eine erfreuliche Entdeckung: Der Stollen 3 führte in Drusen und Klüften „optischen Spat“, also klare wasserhelle Flussspatwürfel, die in der optischen Industrie Verwendung finden konnten. Kein anderer Fliussspatgang Deutschlands führte solch wertvolles Material. Aufgrund Unterschlagung solchen Materials wurde Betriebsleiter Oehler im April 1923 entlassen. Weitere Probleme entstanden aufgrund der galoppierenden Geldentwertung.
Aufgrund der Umstellung auf Goldmark erwartete die Bad. Flussspatgesellschaft einen härteren Wettbewerb und bemühte sich daher, nur hochwertigen Flussspat zu liefern. Nachdem die Firma einen Vertrag über den Abbau von Flussspat auf dem gesamten Grundeigentum abgeschlossen hatte, begannen die Arbeiten am Silberberg, an der Baumhalde und am Kernerloch.

Kerner Loch
Kerner Loch

Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage musste die Bad. Flussspatgesellschaft im Mai 1928 den Betrieb einstellen, fand aber keine Käufer. Im Herbst 1930 schrieb der ehemalige Betriebsleiter Oehler, dass er bereit wäre, den Betrieb wieder aufzunehmen. Oehler begann die Arbeiten, ohne einen Vertrag abgeschlossen zu haben, bis er mit einem Steinbruchbesitzer aus dem Vogtland einen Geldgeber fand, der die Konzessionsabgaben an Brandenberg zahlen konnte. Darufhin kam es 1931 zum Abschluss des Vertrags mit der Gemeinde. Bald gab es aber erneut Streit zwischen den Beteiligten, in dessen Folge Oehler als Betriebsleiter abgesetzt wurde, aber weiter Teilhaber blieb.
V.a. die Konkurrenz durch die Gewerkschaft Finstergrund in Wieden machte sich nun zunehmend auf dem Markt bemerkbar. An sie wurden die Gruben in Fahl schließlich 1937 verkauft mit Datum zum 01.01.1938.
Aufgrund der Steigerung der Rüstungsproduktion im Zug der Kriegsvorbereitungen der Nazis stieg der Bedarf an Flussspat ständig an. Von dieser Entwicklung profitierte nun die Gewerkschaft Finstergrund. Der überwiegende Teil ihrer Produktion stammte jedoch aus Wieden und Aitern.

Im Todtnauer Revier unternahm die Gewerkschaft Finstergrund Schürfarbeiten am Mausgrund beiderseits des Hasenhornwegs, hatte aber versäumt, die Genehmigung dazu beim Todtnauer Forstamt einzuholen, was folgenlos blieb. Obwohl die Förderung von Spat im Zweiten Weltkrieg Vorrang hatte und Genehmigungen für neue Aufschlüsse schwer zu erhalten waren, begann die Gewerkschaft Finstergrund im Jahr 1943 mit Arbeiten an der Rotwiese. Da im Südteil des Ganges die größeren Flussspatvorräte vermutet wurden, legte die Gewerkschaft in Höhe des Feldbergpfades einen neuen Querschlag an. Bereits nach 80 m Vortrieb wurden die mittelalterlichen Grubenbaue erreicht. Eine Förderung wurde jedoch nicht aufgenommen.

Nach dem Krieg stand die Gewerkschaft Finstergrund unter französischer Aufsicht. Gearbeitet wurde aber nur in Wieden und Utzenfeld. Ausgelöst durch den Koreakrieg 1950 wuchs der weltweite Bedarf an Flussspat. Ganze Schiffsladungen des in Utzenfeld aufbereiteten Spats gingen in die USA und nach Japan. Um den steigenden Bedarf zu decken, begannen im ganzen Todtnauer Revier Untersuchungen im großen Umfang. Von den 40 bekannten Gängen kamen demnach in Betracht: Silberberg, Fahl, Baumhalde, Tholus-Brunnen und Brandenberg. Die Ergebnisse zu den einzelnen Bergbaufeldern finden sie in den weiteren Abschnitten:

SILBERBERG

Am Nordwesthang des Silberberges findet sich auf ca 1140 m Höhe findet sich auf 560 m Länge eine mittelalterliche Pingenreihe. Durch den Bau eines Waldweges ist dieses bergbaugeschichtliche Bodendenkmal zerstört worden. Nachdem die Badische Flussspatgesellschaft 1924 am nordöstlichen Gangende einen Querschlag angelegt hatte, versuchte es die Gewerkschaft Finstergrund im Südwesten, stellte aber fest, dass hier Flussspat nicht in abbauwürdigen Mengen vorkam.

Neben Flussspatwürfeln fand man hier in mikroskopischen Mengen „Rotgültigerz“ sowie gediegenes Silber. Außerdem stammt von hier „Blauer Hornstein“ in achatartiger Bänderung, den man im Mittelalter zu Schmucksteinen verarbeitet hatte.

FAHL

Stollenmundloch der Grube Fahl
Stollenmundloch der Grube Fahl Unterer Stollen

Wie schon im Mittelalter wollte die Gewerkschaft Finstergrund von hier aus den Silberberggang unterfahren, um festzustellen, welche Mineralien dieser altbekannte Gang noch enthielt. Nach 760 m erreichte man eine Quarz und Calcit führende Kluft und verfolgte das Projekt nicht weiter.

Etwa 1965 entstand der Plan, die Grube Fahl unter der Grafenmat hindurch mit dem Uranbergbau im Krunkelbachtal / Menzenschwand zu verbinden. Diese Überlegungen kamen aber über das Planungsstadium nicht hinaus.

Auch 1980 niedergebrachte Bohrungen wurden nach einer erreichten Tiefe von 110 m abgebrochen, da keine neuen Gänge festgestellt werden konnten.

BAUMHALDE

Über der Mollenbachhütte liegt am steilen Hang der Baumhalde eine Stollenpinge mit großer Abraumhalde. Untersuchungen durch die Gewerkschaft Finstergrund 1951 und 1980 durch eine private Forschergruppe ergaben, dass es sich bei diesem Stollen um eine Besonderheit handelt. Da zu späteren Zeiten hier keine Arbeiten stattfanden, befinden sich die Stollen im Zustand, wie ihn die Bergleute vor 450 Jahren verlassen haben.

Aufgrund des hohen Flussspatanteils im Gang legte die Gewerkschaft Finstergrund an einer tieferen Stelle in der Nähe der Mollenbachhütte einen Querschlag an, um die mittelalterlichen Baue zu unterfahren. Nach 185 m erreichte man den Gang und baute ihn nach Norden ab. Ein Hochbruch um 30 m ergab zunächst guten Spat, der aber zunehmend verquarzte. 1955 wurden die Arbeiten eingestellt.

THOLUS-BRUNNEN

Aus einem mittelalterlichen Stollen tritt hier gutes, aber auch sehr kaltes Wasser. 1949 öffnete die Gewerkschaft Finstergrund einen oberhalb liegenden Stollen und untersuchte diesen. Im Herbst 1967 kam es zum Abbau von Flussspat. Nach der Auflösung der Gewerkschaft Finstergrund gehörte das Grubenfeld der Kali-Chemie in Hannover.

BRANDENBERG

Halde am Berg oberhalb von Brandenberg
Halde am Berg oberhalb von Brandenberg

Die Grube Brandenberg besaß die größte wirtschaftliche Bedeutung in dieser Phase des Bergbaus. Von dem 1943 angelegten Querschlag aus baute man den Gang 300 nach Norden und Süden ab, wobei der Vortrieb alten Grubenbauen folgte. Einen besonders reinen Spat fand man parallel zu den alten Abbauen. Durch zwei Schächte und einen Schleppschacht erfolgten Abbaue bis auf die 84-m-Sohle.

In der Nähe der 24-m-Sohle stieß man auf mittelalterliche Abbaue in Schlegel- und Eisenarbeiten und Feuersetzspuren. Der für die damalige Bergarbeiten wertlose Spat war hier als Versatz in den abgebauten Grubenteilen geblieben und konnte nun ohne großen Aufwand gefördert werden.

Im Jahr 1969 wurde die Grube an die Firma Bayer, Leverkusen, verkauft. Im selben Jahr wurden mehrere Probebohrungen an der Rotwiese durchgeführt, die aber nicht das gewünschte Ergebnis brachten. Der erst ebenfalls 1969 mit der Stadt Todtnau geschlossene Abbauvertrag, der eine 30-jährige Laufzeit hatte, wurde gekündigt. Durch ständig steigende Kosten sowie preisgünstigere Importe aus dem Ausland sah sich die Firma Bayer gezwungen, den Spatabbau zum Herbst 1974 einzustellen.

Heute stehen die Grubenbaue teilweise unter Wasser. Die Stollen wurden verschlossen und mehrere Abraumhalden abtransportiert und für Straßenschotter verwendet. Das Aufbereitungsgebäude in Utzenfeld beherbergt heute den „Reiterhof Finstergrund“.